BNN,22.Nov.2016

Foto: Felix Grünschloß

Ich war 1914 fünfundzwanzig
 
Volkstheater-Produktion der Seniorentheatergruppe BaSta
 
Das Dasein als solches ist eine akrobatische Leistung
 
Tagebuchaufzeichnungen der Eltern und Großeltern, Berichte aus den Schützengräben, Briefe aus der Heimat: die Seniorentheatergruppe BaSta und ihr
Regisseur Jochen Wietershoferhaben sich auf historische Spurensuche begeben. Der Mensch als Individuum, dessen immer schon problematische Existenz
in Kriegszeiten einer weitaus stärkeren Prüfung unterworfen wird, reagiert auf diese Ausnahmesituation: Halt suchend, den Krieg verklärend und symbolisch
überhöhend, warnend, parodierend, sich an das Zuhause klammernd, das Geschehen als ungeheuerlich begreifend. Was bewegt den Menschen in solchen Zeiten?
Ausgehend von dem Satz des Karlsruher Philosophen Peter Sloterdijk, dass das „Dasein als solches eine akrobatische Leistunung ist" versucht die Volkstheatergruppe,
die Geschehnisse des Ersten Weltkrieges begreifbar zu machen: ein kafkaesker „Hochseilakt“ – mal realistisch, mal satirisch, mal absurd.
 
R & B Jochen Wietershofer K Ensemble
Mit Dietlinde Ade, Karin Pitzer, Lucia Wegner, Norbert Frensch,
Erhard Hottenroth
 
PREMIERE
14.05.2014 INSEL/Badisches Staatstheater Karlsruhe

 

 

Baden in Fragen

„Die Frage, die der Mensch stellt, ist er selbst. Er stellt die Frage,

ob er sie ausspricht oder nicht. Er kann sie nicht umgehen, denn

sein Selbst ist die Frage. Als Fragender nach seiner Existenz ist

er auf sich allein gestellt. Er fragt ‚aus der Tiefe‘, und diese Tiefe –

ist er selbst.“ (Paul Tillich, Theologe). In diesem Sinne haben sich

die Mitglieder der Seniorentheatergruppe BaSta Fragen gestellt –

und laden ein, sie auf der Suche nach Antworten zu begleiten.

 

(Werkschau der Seniorentheatergruppe BaSta am Badischen Staatstheater Karlsruhe anlässlich des 2. Vokstheaterfestivals in der INSEL am 29.06.2013, 15.00 Uhr)

 

 

 

 

(Foto Klenk)

SOMMER.NACHT.TRAUM

Produktion der Volkstheatergruppe BaSta
 

Die Seniorentheatergruppe „BaSta“ am Badischen Staatstheater hat sich nach der viel beachteten Inszenierung von „Besuch bei Katt und Fredda“ und dem ergreifenden Monologstück „Sibirien“ in ihrer neusten Produktion auf Shakespeares Spuren begeben und zeigt, wie bunt und berührend die Irrungen und Wirrungen der Liebe in jeder Phase eines Menschenlebens geträumt und gelebt werden können.

Die Senioren unter Leitung ihres Regisseurs Jochen Wietershofer gehen diesmal der Frage nach, ob ältere Menschen gegen wirre Sommernachtsträume und Phantasien gefeit sind und zeigen, was geschieht, wenn die Farben der Liebe und Eifersucht sich zu einem bunten Treiben verbinden.

 

Foto: Klenk, oben: Hottenroth, unten: Meyer, Ade

 

 

Frühere Produktionen

Guter Mensch von Sezuan, Brecht

 

Seniorentheatergruppe „Basta“
„Basta“ konstituierte sich in der Spielzeit 2002/2003 auf Initiative des Schauspieldirektors Knut Weber und des Regisseurs und Theaterpädagogen Jochen Wietershofer am Badischen Staatstheater in Karlsruhe - auf eine Zeitungsannonce hin meldeten sich über 60 Interessierte, 30 kamen zum ersten Treffen und mit einem „harten Kern" von dreizehn 60 bis 80-jährigen entstand die erste Produktion als szenische Collage unter dem Titel „Klassentreffen": eine Auseinandersetzung mit Geschichte und Geschichten, persönlichen Erlebnissen und gemeinsamen Erinnerungen. Es folgte ein Projekt zu „Woyzeck" von Georg Büchner, dessen Handlung die Gruppe in ein fiktives Altenheim verlegte. Dort gingen die Spielerinnen und Spieler der Frage nach, was mit einem Menschen passiert, der am Ende seines Lebens sein Wünschen und Sehnen, sein Hoffen und seinen Glauben nicht in der Chiffre ,Himmel' verorten kann, sondern sein Glück in der Beziehung zu einer Frau sucht.
Die Produktion „Der gute Mensch von Sezuan" von Bertolt Brecht beschäftigte sich mit der Frage nach Gott und Brechts Versuch, die Wurzeln der Religion in den materiellen Lebensumständen der Menschen aufzudecken. Es folgte "Der Besuch der alten Dame" von Dürrenmatt. In der letzten Spielzeit brachte das Ensemble Ingeborg von Zadows „Besuch bei Katt und Fredda“ auf die Bühne.

 
Pressetext BaSta/ Premiere 05.12.08, 20.00Uhr/ INSEL/ Badisches Staatstheater Karlsruhe
 
King Kongs Töchter von Theresia Walser
 
 „Wer hat die lauteste Krankheit? Wer ist Meister im Schikanchenspiel? Wer überlebt die Libellen noch um einen Sommer?“ Fragen, die King Kongs Töchter, Berta, Carla und Meggie, drei Pflegerinnen in einem Seniorenheim, angesichts der Absurdität des sie umgebenden Alltags auf ihre Art beantworten: „Der Tod ist ein Termin und wir sind die Chefdisponentinnen!“
Verwilderung heißt das Spielzeitthema, Nachtseiten der Gesellschaft ausleuchten – dieser Herausforderung stellt sich Theresia Walser mit dem ihr eigenen abgründigen, schwarzen Humor und einer erfrischenden Portion Respektlosigkeit und lädt die Zuschauer in diesem preisgekrönten Stück ein zum Danse macabre um die Abgründe unserer Existenz.
Nach drei Klassiker-Inszenierungen, zuletzt der vielbeachteten Bearbeitung von Dürrenmatts „Besuch der alten Dame“, geht die Seniorentheatergruppe BaSta unter Leitung ihres Regisseurs Jochen Wietershofer diesmal der Frage nach, ob es unsere so stark auf Verstand ausgerichtete Gesellschaft alten Menschen ermöglichen kann , ihre Orientierung in Würde zu verlieren? 
 
 

„Dem Theaterpädagogen und Regisseur Jochen Wietershofer (ist) mit der Gruppe eine dichte, eindringliche Aufführung gelungen, die gerade in ihren stillen Momenten eine beklemmende Kraft entfaltet. Die sechs betagten Darsteller, die in den Rollen der ‚Gepflegten’ auftreten, entwickeln in nuanciertem Zusammenspiel sorgfältig abgestufte, szenisch vitale Bilder, die sogar der Tristesse dieser Lebensstation einen rührend hilflosen, ja zärtlichen Humor abgewinnen. Die ‚Pflegenden’ in Gestalt des Heimpersonals lassen bei allem abgebrühten Sarkasmus die Bedrängung spüren, die die Frauen angesichts der alltäglichen Konfrontation mit Verfall und Tod empfinden und die ihr notwendiges Ventil in scheinbar flapsiger Ungerührtheit sucht. Da werden versehrte oder zumindest verletzliche Seelen in pointiert schroffer Verpanzerung vorgeführt – ferne Töchter eben des legendären Film-Gorillas King Kong, in dessen gewaltiger Schale doch ein zarter, liebevoller Kern steckte. So ist etwa hinter der kumpelhaften Kaltschnäuzigkeit der Pflegerin Berta (Gisela Osterlow) stets auch innere Bewegung zu spüren; die zupackende Pragmatik ihrer Kollegin Carla (Dietlinde Ade) verbirgt nicht ihre Besorgnis über das Leid der anvertrauten Senioren; und Meggi (Christl Dörr), die sich vom Leben mehr erträumt hatte als Windelwechsel und Fußpflege der Greise, ist mit erkennbarer, tätiger Menschenliebe dabei. Sorgfälige Konturen machen auch aus den Bewohnern des Heims eine erschütternde Galerie mitleidswürdiger Einzelschicksale, deren geistiger wie körperlicher Niedergang stets Raum lässt für Respekt und Teilnahme – etwa bei dem ergreifend fahrigen Herrn Nübel (Erhard Hottenroth), dem spät und diskret verliebten Herrn Pott (Kurt Meyer), der erschütternd verstörten Frau Albert (Lucia Wegner) oder dem korrekt hölzernen, innerlich aufgewühlten Herrn Greti (Frank Osterlow), deren nüchterner Speisetisch zum Ort eines auch religiös grundierten Abendmahls wird, während ihre leidende Mitbewohnerin Tormann (Christa Kleykamp-Reiss) im Rollstuhl stumm dabeisitzt und dann unter den pflegenden Händen der Angestellten beiläufig wegstirbt. Die 70-minütige Einstudierung erreichte dank Wietershofers psychologischem Geschick und überdies durch die hohe, nicht zuletzt altersbedingte Identifikation zwischen Spielern und Spielfiguren eine Verbindung von Genauigkeit und Spannung, Gefühlskraft und Empfindungstiefe, abgeklärter Heiterkeit und beengender Leidensstärke (…). Das Publikum zeigte sich nachhaltig beeindruckt und spendete inständigen Beifall."

Badische Neueste Nachrichten, 08.12.2008

 
 

 

 

Premiere am 17.02.2010, INSEL/ Badisches Staatstheater Karlsruhe
BESUCH BEI KATT UND FREDDA
von Ingeborg von Zadow
Projekt der Seniorentheatergruppe "BaSta" am Badischen Staatstheater Karlsruhe
 

Nach einer Eigenproduktion, drei Klassikerinszenierungen und zuletzt der vielbeachteten Produktion von Theresia Walsers "King Kongs Töchter“ beschreitet und erprobt die Seniorentheatergruppe "BaSta“ am Badischen Staatstheater in mehrfacher Hinsicht neue Wege im Seniorentheater. Erstmals wird dieser preisgekrönte Text der Autorin Ingeborg von Zadow von Senioren und aus deren Sicht und Perspektive gespielt und mobil auf die Bühne gebracht und erfährt damit ganz neue Bedeutungszusammenhänge. Eigentlich fürs Kinder- und Jugendtheater geschrieben, beleuchtet Zadow mit knappen Dialogen Grundprobleme menschlichen Zusammenlebens, die vor dem Alter nicht halt machen: Katt und Fredda haben eine lange Reise voller Mühen und Strapazen hinter sich. Gerade als beide alle Hindernisse überwunden zu haben glauben und gemütlich beieinander sitzen, erhalten sie Besuch, der ihre Beziehung auf eine harte Probe stellt und die gewohnte Ruhe und Ordnung gehörig durcheinander wirbelt. Beziehungsmuster werden in Frage gestellt, verdrängte Ängste und Sehnsüchte plötzlich sichtbar, die Zweierbeziehung an sich scheint in Gefahr.

Die Senioren unter Leitung ihres Regisseurs Jochen Wietershofer gehen diesmal der Frage nach, ob und wie gerade im Alter Neues und Ungewohntes Raum finden kann.

 
Pressespiegel:
 
Fit bleiben mit Theaterspielen - An deutschen Bühnen gibt es immer
öfter Senioren-Ensembles
Von Christine Süß-Demuth (epd)
Karlsruhe (epd). Immer mehr ältere Menschen entdecken im Alter ihre
Lust am Theaterspielen. Angebote für Laiendarsteller jenseits der 60
finden sich nicht nur bei Volkshochschulen, Kirchengemeinden oder
Seniorenzentren, sondern auch in Produktionen professioneller Bühnen
wie dem Tübinger Landestheater oder dem Badischen Staatstheater in
Karlsruhe.

   Zu den Laiendarstellern in Karlsruhe gehört Elmar Sauter. «Ich
wollte im Ruhestand endlich mal meine rechte Gehirnhälfte
trainieren», erklärt der emeritierte Professor für Physik lächelnd
seine Motivation fürs Theaterspielen. Schließlich habe er sein ganzes
Berufsleben vor allem seine linke Gehirnhälfte benutzt, die für
mathematische, logische, analysierende Fähigkeiten steht. Jetzt
trainiert er Fantasie, Emotion, Intuition im Ensemble von «BaSta».

   Die Proben unter Leitung des Regisseurs und Theaterpädagogen
Jochen Wietershofer verlangen von den Schauspielern nicht nur
Konzentration, sondern auch Kondition. Dem stimmt Sauter zu.
Natürlich müsse er üben, üben, üben, um den Text zu lernen, berichtet
der 78-Jährige, «und dann klappt es».

   Ebenfalls seit 2002 ist Lucia Wegner (71) dabei. Im Gegensatz zu
Sauter hatte die frühere Leiterin eines Hospizdienstes schon in ihrer
Kirchengemeinde erste Erfahrungen im Amateurtheater gesammelt. Sie
hatte sich ebenfalls auf eine Zeitungsannonce für das
Senioren-Ensemble beworben.

   Ursprünglich hatte Autorin Ingeborg von Zadow (Mannheim) das Stück
«Besuch bei Katt und Fredda» fürs Kinder- und Jugendtheater
geschrieben. Nach der Premiere am Mittwochabend ist sie begeistert,
wie die Senioren das Stück umgesetzt haben. Dies ermögliche einen
ganz neuen Blick auf den Inhalt der Dialoge.

   In dem Stück geht es um die Grundprobleme menschlichen
Zusammenlebens, die Jung und Alt gleichermaßen betreffen. Katt und
Fredda haben es sich nach einer strapaziösen Reise zu Hause gemütlich
gemacht. Ein Besuch stellt ihre Beziehung auf eine harte Probe.
Beziehungsmuster werden infrage gestellt, verdrängte Ängste und
Sehnsüchte plötzlich sichtbar, die Zweierbeziehung an sich scheint in
Gefahr.

   Das Theaterspiel sei eine Möglichkeit, aktiv am gesellschaftlichen
Leben teilzunehmen, sagt Wietershofer. Seniorentheater wolle jedoch
nicht nur die Lebenswirklichkeit alter Menschen abbilden, sondern
Probleme schildern, die jüngere Menschen ebenso wie ältere haben.
«Wobei wir gerade auch die Antworten brauchen, die ältere Menschen
auf unsere Fragen haben», meint Wietershofer.
   Er prognostiziert, dass es in zehn Jahren an allen öffentlichen
Theatern Seniorenensembles geben wird. Dies helfe, das Altersbild in
der Gesellschaft zu verändern. Die alten Menschen würden so den
öffentlichen Raum für sich zurückerobern.

   Bereits seit 1996 gibt es den Bundesarbeitskreis Seniorentheater
im Bund Deutscher Amateurtheater (BDAT) in Heidenheim. Ziel ist es,
das Seniorentheater in Deutschland in seiner kulturellen wie sozialen
Bedeutung herauszustellen, es zu fördern und überregional zu stärken.

   «Theaterspiel mit alten Menschen ist ein Sprachrohr», heißt es in
der «Scheinfelder Erklärung zum Theater von und mit alten Menschen»
des BDAT, die von Wietershofer mit initiiert wurde. «Selbstbewusst
und mit großem Engagement werden über das Theaterspiel schlagfertige
Antworten auf Jugendwahn, Altersangst und dadurch auch neue Bilder
(Selbstbilder) vom Altern in unserer Gesellschaft gesetzt.»

   Theaterspiel mit alten Menschen sei so unterschiedlich wie die
Menschen selbst. Ob Erinnerungstheater, Seniorenkabarett,
Generationentheater, Mundarttheater, Erzähltheater, therapeutisches
Theater mit Demenzkranken - Theaterspiel mit alten Menschen sei ein
Netz gegen Einsamkeit und ein Ort der Begegnungen, heißt es in der
Erklärung weiter.

   Die Gruppe wird beim Seniorentheaterfestival des Landestheaters
Tübingen am 13. bis 15. Juni dabei sein. Aufführungen von «BaSta»
sind auch buchbar für Termine in Seniorenheimen oder anderen
Einrichtungen."
 
epd, 20.02.2010

 
 

"Freilich, in dem 'Besuch'-Drama sind die Protagonisten Katt und Fredda, die nach langer Reise endlich zu Hause 'angekommen' sind und dann in ihrer trauten Zweisamkeit durch den Besuch einer gewissen Miranda gestört werden, nicht notwendigerweise als Greisenpaar entworfen. Es geht eher um den modellhaften Versuch, wie eine eingespielte Verbindung irritiert und aufgebrochen werden kann durch den Reiz des Ungewohnten und wie die Macht der Gewohnheit sich gegen das Neue zur Wehr setzt.
In der Inszenierung durch Jochen Wietershoferwird dieses weitgehend abstrakte Modell nun konkret gefüllt. Die lange Reise von Katt und Fredda ist die Lebensbahn, die sie gemeinsam zurückgelegt haben und die sie nun beschließen möchten in der wohlgeordneten Unaufgeregtheit lange erprobter Rituale. Der Einbruch Mirandas in dieses gehegte Idyll setzt die Muster des Zusammenlebens aufs Spiel, erschüttert die Harmonie und setzt 'verbotene' Sehnsüchte frei, die nur mit Mühe wieder eingefangen werden können – durch Rauswurf des zunehmend unerwünschten Gastes, der mit Lockungen den Frieden gefährdet. Es zeigt sich: Das Neue ist eine Bedrohung des Alten. Und der Alten zumal. (…)
 

Badische Neueste Nachrichten, 19.02.2010


"Karlsruher Seniorentheater überzeugt. Zwei Stühle, zwei Kaffeetassen, zwei Teller: Das passt wunderbar, da herrscht Ordnung. Katt und Fredda haben es gut miteinander, bis ein unvorhergesehener Eindringling ihre wohlig temperierte Beziehung in Frage stellt. Dass diese gefährdete Beziehungskiste ausgerechnet von einer Seniorentheatergruppe auf die Bühne gestellt wird, ist außergewöhnlich genug; was die drei 'BaSta'-Akteure unter der Leitung von Jochen Wietershofer in der Karlsruher 'Insel' aus diesem ursprünglich für Jugendtheater bestimmten Stück machen, umso mehr. Da geriet sogar die Autorin Ingeborg von Zadow ins Staunen.
Lucia Wegner und Elmar Sauter verkörpern das alte Ehepaar, da aber eigentlich in seiner Festgefahrenheit zeitlos ist. Ob 40 oder 80 – behagliche Langeweile herrscht bekanntlich in vielen Dauerbeziehungen. So reagiert Fredda auch zunächst verschreckt auf die Gedankenspiele Katts, was wäre, wenn ein Besuch für Abwechslung sorgen würde. Als dann das Unvorstellbare eintritt – in Gestalt der Besucherin Miranda (Dietlinde Ade) – erlebt Katt sein blaues Wunder. (…)
Es ist bewundernswert, wie es dem Trio auf der sparsamst eingerichteten Bühne gelingt, die Spannung zu halten und völlig vergessen zu lassen, dass hier Senioren Theater spielen. Es geht um Menschen, ihre Sehnsüchte und Ängste – und die sind alterslos. Das Premierenpubnlikum dankte mit viel Applaus für die außergewöhnliche Vorstellung, mit der 'BaSta' auch auf Tournee gehen wird."

Badisches Tagblatt, 19.02.2010

 

 

Dietlinde Ade, Lucia Wegener, Elmar Sauter (Foto: Jochen Klenk)

Einladung mit der Produktion "Besuch bei Katt und Fredda" ans Hamburger Schauspielhaus zum Festival "Herzrasen":

Herzrasen

3. Theatereffen [60+]

Ein verlängertes Wochenende in Theorie und Praxis

29. September bis 3. Oktober 2010

In Kooperation mit der KörberStiftung
               

»Ich halte meine Klappe erst, wenn der Sargdeckel geschlossen ist.«
PETER GLOTZ

Nach zwei erfolgreichen Ausgaben von »Herzrasen« werden das Schauspielhaus und die Körber-Stiftung auch in diesem Jahr ihre Zusammenarbeit in Form eines Theaterfestivals für, von und mit Menschen ab 60 Jahren fortsetzen. Welches Wesen geht morgens auf vier Beinen, mittags auf zwei und abends auf drei? Ödipus löste dieses Rätsel, an dem so viele vor ihm gescheitert waren. Der Sage nach gab die griechische Sphinx Wanderern ein Rätsel auf, dessen Auflösung den Menschen in seinen drei Lebensabschnitten meinte: der Kindheit, der Zeit des Erwachsenenseins und dem Alter, in dem man zum Gehen einen Stock, das dritte Bein, benötigte. Diese Metapher kann heute nicht mehr allein Maßstab für das Altwerden in unserer Gesellschaft sein. Im Gegenteil. Die jetzige Generation der Rentner sind die »68er«, die sich nicht auf ein Leben unter dem Diktat der Gehhilfe reduzieren lassen. Vielmehr regen die »neuen Alten« eine Diskussion über die eigene körperliche wie geistige Leistungsfähigkeit an. Die Generation der »Alten« des Jahres 2010 wird im Rahmen der Theaterarbeit entschiedene Diskussionen führen, die eine völlig neue Vorstellung vom Leben im Alter zum Gegenstand haben. Das Alter ist nicht länger auf Gebrechen, Leid, Tristesse und Einsamkeit beschränkt, sondern meint Aktivität, Hoffnung und Vitalität. Das tradierte Bild von Ruhestand und Rentnerdasein gilt längst nicht mehr. Das Alter wird vielmehr begriffen als neue Lebensphase, in der man sich endlich all die Wünsche erfüllen kann, die jenseits der Verantwortung von Erwerbsund Erziehungsarbeit liegen. Warum nicht einen Marathon laufen, eine Weltreise machen, einen neuen Partner finden oder in einem Theaterstück mitspielen? Dieser Wandel hat auch generationsübergreifende Auswirkungen, denen sich die gesamte Gesellschaft stellen muss. Der Dialog zwischen den Generationen ist momentan sowohl für professionelle Theater, als auch für Amateurtheatergruppen ein zentraler Aspekt ihrer Arbeit. Das Festival »Herzrasen« versteht sich daher durchaus als Ort des Austauschs zwischen den Generationen, auch das Publikum [60-] darf sich angesprochen fühlen. Besuchen Sie uns bei »Herzrasen « und werden Sie gemeinsam mit uns vier Tage älter und um viele Erfahrungen reicher! Vom 30. September bis zum 3. Oktober 2010 wird im Schauspielhaus ein einzigartiges Gastspielprogramm rund um die Themen und das Selbstverständnis der älteren Generation gezeigt. Bereits am 29. September lädt die Körber-Stiftung ins Körber-Forum zur feierlichen Eröffnung. Prof. Dr. Andreas Kruse, Gerontologe an der Universität Heidelberg, wird einen Festvortrag zum diesjährigen Festivalmotto »Inszenierung des Alters« halten. Neben den Gastspielen wird es vier Tage lang ein umfangreiches Rahmenprogramm mit Installationen, Workshops, Diskussionen und Vorträgen geben, die das Thema Alter in unterschiedlicher Weise thematisieren. Auch andere Spielorte, wie etwa das Maritim Hotel Reichshof und die Einrichtung »Pflegen und Wohnen« werden in diesem Jahr Kooperationspartner des Festivals »Herzrasen« sein.

»Ich bin zu alt, um nur zu spielen, zu jung, um ohne Wunsch zu sein.«
JOHANN WOLFGANG VON GOETHE 
 

HERZRASEN – 3. Theatertreffen [60+]

Fünf Tage »Herzrasen«

Das Spiel mit dem Alter, das Spiel der Alten: »Herzrasen« – 3.Theatertreffen [60+] in Hamburg bot vom 29. September bis 3. Oktober 2010 ein einzigartiges Spektrum für die theatrale Annäherung an Altersthemen und Altersbilder. Da waren sich nach fünf Festivaltagen Zuschauer, Spielleiter, Mitspieler und Veranstalter – das Deutsche Schauspielhaus und die Körber-Stiftung – einig.

Exemplarisch war der letzte Tag mit seinem furiosen Finale: Verdrängte Ängste, Festhalten am Alten und doch auch Sehnsucht nach Aufbruch kennzeichneten das Beziehungsstück der Seniorentheatergruppe vom Badischen Staatstheater, »Besuch bei Katt und Fredda«. Nur drei Spielende, Amateure allesamt, gestalteten ein dichtes und bewegendes Kammerstück über Paare im Alter.

Mit insgesamt 20 Stücken auf allen Bühnen des Schauspielhauses hat das Seniorentheaterfestival nicht nur quantitativ Maßstäbe gesetzt. Nirgends sonst gibt es ein solches Miteinander von Amateur- und Profitheater, nie vorher fand ein vergleichbarer bundesweiter Austausch von Seniorentheater-Machern statt. Die von der Körber-Stiftung organisierte begleitende Fachtagung attestierte abschließend dem Seniorentheater in Deutschland eine weitere Professionalisierung und zunehmende Qualität.

 

Ensemble "Besuch bei Katt und Fredda" vor dem Deutschen Schauspielhaus Hamburg

Fachtagungsbericht

 

Pressetext Seniorentheatergruppe „BaSta“

SIBIRIEN von Felix Mitterer

Nach einer Eigenproduktion, drei Klassikerinszenierungen und zuletzt den vielbeachteten Aufführungen von Theresia Walsers „King Kongs Töchter“ und Ingeborg von Zadows „Besuch bei Katt und Fredda“, die ans Hamburger Schauspielhaus zum Festival „Herzrasen 60+“ eingeladen wurde, beschäftigt sich die Seniorentheatergruppe „BaSta“ am Badischen Staatstheater erstmals mit der Gattung des Volksstücks.

Der Autor Felix Mitterer stellt in seinem 1989 bei den Tiroler Volksschauspielen Telfs uraufgeführten  und vom ORF verfilmten Stück einen Mann in den Mittelpunkt, der sich am Ende seines Lebens in einem Pflegeheim mit dem Erlebnis seiner Kriegsgefangenschaft konfrontiert sieht und sich mit aller Kraft gegen das Alter an sich auflehnt.

Die Senioren unter Leitung ihres Regisseurs Jochen Wietershofer gehen diesmal dem Versuch eines Menschen nach, im hohen Alter und gegen alle Widrigkeiten ein selbst bestimmtes Leben zu führen.

Premiere am 3.02.2011 im INSEL Theater/ Badisches Staatstheater Karlsruhe

Probenfotos:

:

Aufführung im INSEL-Theater

obere Reihe v.l.n.r.: Meyer, Hottenroth, Kleykamp-Reiss, Foto Wietershofer

untere Reihe: Meyer, Foto Klenk

Pressespiegel:

 
„[…] Das Werk stellt einen namenlosen ‚alten Mann’ vor, der sich voller Entsetzen in einem Pflegeheim wieder findet, in das seine Angehörigen ihn gegen seinen Willen eingeliefert haben. Für ihn ist diese Abschiebung eine zweite ‚Deportation’ – nicht unähnlich jener nach Sibirien nach dem Krieg, die er selbst erlebt hat. Vergebens lehnt er sich in einem verzweifelten Monolog gegen die unmenschliche Art seiner Behandlung auf, klagt seine Familie an, die sich seiner kaltblütig entledigt hat, und beschwert sich auch über das lieblose Pflegepersonal, das ihm kleine Vergünstigungen nur gewährte, so lange er es mit Geld bestechen konnte. […] Mitterers trauriges Stück von 1989 ist eine beredte, überaus beklemmende Anklage gegen die Fühllosigkeit der Menschen. Kurt Meyer, selbst hoch betagter Protagonist des Abends in der ‚INSEL’, spielt den verlassenen alten Mann in seinem ergreifenden Monolog mit großer Eindringlichkeit und bewegendem Ausdruck. [...]“


Die Rheinpfalz, 07.02.2011


„Die Aufarbeitung von Traumata hatte sich das BaSta-Ensemble des Badischen Staatstheaters Karlsruhe für seine diesjährige Produktion als Aufgabe gestellt – hochaktuell angesichts der immer stärkeren Präsenz traumatisierter Bundeswehrangehöriger nach Einsätzen in Afghanistan, im Kongo und auf dem Balkan. In Felix Mitterers irreführend als ‚Volksstück’ bezeichnetem Drama ‚Sibirien’ geht es ursprünglich um das jahrzehntelang totgeschwiegene Trauma von Kriegsheimkehrern, die nach dem Zweiten Weltkrieg von einer psychologischen Hilfestellung bei der Rückkehr in die ‚Normalität’ nur träumen konnten. Die Seniorendarsteller um Regisseur Jochen Wietershofer haben für ihre Inszenierung in der Karlsruher ‚INSEL’ Mitterers ‚Sibirien’ in den ganz normalen Alltag eines Pflegeheims verlegt. Schade, dass bei der Premiere nur relativ wenige Zuschauer offenbar den Mut aufbrachten, sich mit dieser traumatischen Erfahrung auseinanderzusetzen. Verdient hätte diese Produktion ein erheblich größeres Publikum, denn vor allem die Leistung Kurt Meyers in seinem einstündigen Monolog ist ebenso erschütternd wie großartig. […]“


Badisches Tagblatt, 07.02.2011